Murten- Interlaken- Stansstad- Seebodenalp

 

Der Tag beginnt mit Lärm auf dem Marktplatz. Es ist Samstag und damit Markttag in Murten. Ein Wursthändler schimpft lautstark über die seiner Ansicht nach illegal hier stehenden Autos. Er hätte diesen Standplatz seit über 20 Jahren und wenn er nicht sofort dort seinen Stand aufbauen könnte, müsste er am Hungertuch nagen, der Weltuntergang stünde bevor und ein Herzinfarkt sowieso. Ach du Schreck, daran wollen wir nun wirklich nicht schuld sein, also räumen wir den Marktplatz.

Das erste Ziel unserer Reise ist heute Interlaken. Von hier hat man einen phantastischen Blick auf die Gipfel im Jungfrau-Gebiet. Wir lassen uns von Kathi, unserer Touristenführerin, die Sehenswürdigkeiten von Interlaken zeigen. Die Sonne brennt am Himmel und wir ziehen es vor, das Mittagessen im Schatten der Bäume zu genießen. Wir beobachten Gleitschirmflieger, die auf der Wiese vor uns landen. Zu gern würden wir hier noch etwas verweilen, aber die nächste Etappe ruft. Die Route 4 führt uns über einen Pass zunächst nach Giswill, dann über Sachseln nach Sarnen. Die Hitze macht nicht nur uns zu schaffen. Langsam  kriechen wir den Pass hinauf, immer die Temperaturanzeige im Blick. Kurz vor dem Gipfel müssen wir anhalten. Wir öffnen die Motorhaube und stellen fest, daß die Lüfter der Motorsteuerung nicht laufen. Immer mal was neues! Also müssen wir improvisieren- klemmen die beiden Lüfter direkt auf die Versorgungsspannung. So laufen diese immer mit höchster Drehzahl, bei der hohen Temperatur sicher kein Fehler. Beim Ladehalt in Stansstad kommen wir fast als letztes Team an. Wir laden nur einphasig, um die ohnehin schon hohen Temperaturen der Batterie nicht noch zusätzlich zu steigern.

Bevor wir die letzte Etappe der Wave 2014 unter die Räder nehmen, treffen wir Vorkehrungen für den befürchteten „Wurst-Käse-Fall“ (Worst-Case … for our english friends like Gordon or Leora^^). Ich spreche mit Vivien vom Support-Team. Er wird als letzter auf den Rigi bei Küssnacht fahren. Kurz erläutere ich unsere Temperatur-Problematik und frage, ob er uns mit dem E-Bully notfalls hinauf schleppen würde. „Geht klar, gebt einfach ein Zeichen … Aber ihr beiden und euer kleiner schwarzer schaffen das …“

32 km liegen vor uns, es geht durch Küssnacht, dann folgen wir der Ausschilderung zur Rigi- Seebodenalp. Noch 6 km. Ein Schild weist auf eine maximale Steigung von 14% hin. Uns verschlägt es augenblicklich die Sprache und es wird still in unserem Auto. Ein seltener Moment, so ruhig war es die ganze Wave über bei uns nicht. Die ersten 100 Höhenmeter überwinden wir noch relativ problemlos, ständig die Temperatur des Motors im Auge. Auf halbem Weg zum Gipfel müssen wir das erste Mal anhalten. Einige E-Motorräder fahren an uns vorbei. Yann folgt im Diesel-T4 seines französischen Teams. Sie halten an, fragen, ob sie uns irgendwie helfen können. Nein, danke. Wir müssen nur einfach warten, bis der Motor etwas abgekühlt ist. Aber wir bitten Yann, oben auf der Alp Bescheid zu sagen, daß das Team Extension auf jeden Fall am Ziel ankommen wird.

Eine Viertelstunde später geht’s weiter. Normann fährt die ganze Zeit mit eingeschaltetem Booster. Das bringt mehr Leistung, damit etwas höhere Geschwindigkeit und mehr Kühlung. So hoffen wir, die Temperatur knapp unter dem kritischen Wert zu halten. Serpentine um Serpentine kraxeln wir den Berg hinauf. An einem Bauernhof stehen 2 E-Mopeds und kühlen ihre Motoren mit Wasser. Wir lachen, aber finden die Idee genial. An der nächsten Kehre steuern wir einen Milchvieh-Hof an. Der Bauer grinst uns an und meint, hier sind schon etliche vorbei gekommen. Wie er uns denn helfen könnte? Nun ja, mit Wasser aus dem Schlauch, aber mit wenig Druck. Er nickt und zeigt in Richtung Stall. Sein Sohn kommt mit einem dicken Schlauch aus dem Stall, Normann legt sich unter das Auto und lässt das kühlende Nass über die Kühlrippen des Motors laufen. Das hilft. Und wir klettern weiter. 500 Höhenmeter Unterschied sind zu meistern, etwas über 300 haben wir schon geschafft. 2 km vor dem Ziel müssen wir schon wieder ein Päuschen einlegen. Jaromir steht mit seinem Peugeot etwas oberhalb von uns und hebt die Schultern: „Steuerbox defekt …“  Wir quälen uns die letzten Meter Richtung Sonnenbodenalp, hören schon die Alphörner und die Sprecher an der Zielankunft. Ein Brunnen am Wegesrand liefert uns Wasser, das ich in Flaschen fülle und Normann reiche. Er lässt es über den heißen Motor laufen. Ob wir ohne Schäden an Motor und Steuerung oben ankommen, wissen wir nicht. Es macht auch keinen Sinn, ein Risiko einzugehen. Wir lassen uns und unserem kleinen schwarzen Fiat Zeit. Nach einer halben Stunde wagen wir die letzten 800 m.

Geschafft! Wir sind angekommen, werden von Louis und anderen Teams begrüßt. Die Frage, was uns am längsten in Erinnerung bleiben wird, erübrigt sich …

Hier oben, auf rund 1000 Höhenmeter hat man einen tollen Blick auf Küssnacht und die Seen. Wir stärken uns, genießen den Ausblick und warten gespannt auf die Siegerehrung. Erwartungsgemäß liegen die Serienfahrzeuge und die Teslas vorn, aber auch einige andere Teams konnten sich gut behaupten. Am Ende haben wir 45 Punkte erreicht. Am meisten aber bedeutet uns, das Ziel erreicht zu haben und mit den Teams, mit denen wir über eine Woche quer durch die Alpen gefahren sind, ein paar Stunden zu feiern.

Zeit, uns noch einmal zu bedanken, bei unseren Sponsoren, bei der Teamleitung rund um Louis, den Support-Teams und all denen, die mit uns gelacht und gescherzt haben und uns unterstützten.

Hier noch ein Link zum Höhenprofil der letzten Etappe.

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